Eine ehrliche Dienstleistung
12.03.2019 / Oase am Rhein
Spannende Gastkolummne von Direktor Thomas Miotti in der Regionalzeitung «Schaffhauser Bock».
Ich bin der Direktor des Seniorenzentrums Oase am Rhein in Eglisau Wir bieten in 38 Wohnungen und zwei Pflegewohngruppen Lebens- und Wohnraum für Menschen, mehrheitlich ab 60 Jahren. Um die Vielfalt des Lebens aufrechtzuhalten, bieten wir unsere Wohnungen auch Jungmieterinnen und Jungmietern an. So erhoffen wir uns, nicht nur eine Oase für die älteren und alten Leute zu sein.
In meiner Arbeit berühren mich die Lebensgeschichten unserer Gäste. Obwohl, der Gast bin doch ich, wir sind die Gäste, die hier aufgrund der Lebenssituation der Bewohnerinnen und Bewohner arbeiten. Diese Lebensgeschichten, erzählt bei einer kurzen Begegnung in der Cafeteria, bei einem Gespräch mit Angehörigen oder bei einer Abdankung oder Beerdigung.
Früher, bevor ich in der Oase arbeitete, stellte ich mir das Leben im dritten und vierten Lebensabschnitt als schrecklich vor, wenn sich der Zahn des Lebens immer mehr in die Gelenke und Gedanken dreht, mit der Zeit die Orientierung, die Sehkraft, der Appetit und die Beweglichkeit verloren geht. Ich entdecke aber nun schon seit bald zwei Jahren, dass in unserer Oase das Leben den Alltag bestimmt, nicht der Schmerz und nicht der Abschied. Ich höre oft, dass jemand sowas nicht könne, sich mit dem Alter, Ende und Tod zu beschäftigen. Aber ich treffe während meiner Arbeit auf das Leben, und da hat der Tod eben auch seinen Platz.
Haben Sie auch schon unangenehme Aufgaben oder Verpflichtungen vor sich hergeschoben? Je länger dies geschieht, umso grösser wird die Unlust, aber auch die Angst vor den möglichen Konsequenzen. Ich stelle fest: Je mehr ich mich mit der Endlichkeit unseres Lebens konfrontiere, desto kleiner werden meine Ängste. Mich fordert der notwendige administrative Aufwand heraus, um als Dienstleister deri Anliegen und Bedürfnissen von Menschen im Alter gerecht zu werden und das Leben dieser Leute nicht einfach zu verwalten. Mich bewegen die besinnlichen und lustigen Momente des Feierns mit Menschen. Dabei erlebe ich, wie zum Beispiel bei einer durch das Personal organisierten Geburtstagsfeier die Jubilarinnen und Jubilare zu vergessenen Emotionen bewegt werden. Ich erlebe die grosse Zufriedenheit und Sicherheit von Angehörigen, Bewohnerinnen und Mietern, wenn die Mitarbeiterinnen ihre Tätigkeit nicht nur als Job sehen, sondern als ehrliche und lebensbejahende Dienstleistung.